
Auf der Rennbahn funkeln seine Augen
Die Rasse des Monats: Barsoi
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Barsoi
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Auf der Rennbahn funkeln seine Augen
Die einen empfinden den Barsoi als schönste Hunderasse überhaupt. Andere reagieren verblüfft auf den großen Sichtjäger mit dem schmalen Kopf und dem aufgewölbt wirkenden Rücken. Und auch hinsichtlich seiner Persönlichkeit herrscht keine Einigkeit. Entweder man liebt sie oder kommt überhaupt nicht damit zurecht.
„Zur Zeit der Leibeigenschaften bis zum Jahre 1861, wo der größte Teil der russischen Edelleute auf ihren Gütern lebte, fand man kaum ein Herrenhaus, wo es nicht Barsois gab. Reiche Jäger hielten komplette, das heißt volle Jagden, bestehend aus einer Meute oder auch nur zwei Parforcehunden, die das Wild aus dem Walde und seinen Verstecken in das freie Feld trieben, und verschiedene nach Größe des Jagdterrains Mengen Windhundkoppeln, welche das von den Parforcehunden ins Feld getriebene Wild hetzten und fingen. Wie groß die Zahl der Jagdhunde bei einigen Gutsbesitzern werden konnte, sehen wir an dem Smolensker Gutsherrn Samsonoff, dessen kompletter Jagdhof 1.000 Hunde betrug“, beschreibt Dmitri Walzoff, der über viele Jahre hinweg die Barsoizucht des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch betreute und Anfang des 20. Jahrhunderts ein Buch veröffentlichte, das viel Interessantes über die Geschichte, die Haltung und den Einsatz des Barsois zur damaligen Zeit offenbart.
Seit der Zeit zu der Walzoff sein Wissen um den Barsoi niederschrieb, ist inzwischen über ein Jahrhundert vergangen. Der Barsoi, der mehr als nur einmal bewegte Zeiten erlebte, hat an seiner Faszination nichts verloren. Er ist nach wie vor da. Was nicht immer als gesichert galt. Und er hat in Deutschland und anderen Ländern fern seiner Heimat Russland ein neues Zuhause gefunden, wobei er auch in seinem Ursprungsland längst wieder Liebhaber hat.
Faszinierende Ambivalenz
Doch wie steht es mit Ihnen? Kennen Sie den Russkaja Psovaja Borzaja? So lautet der Name der hierzulande als Barsoi bekannten Rasse im Ursprungsland Russland, der inhaltlich übrigens bereits so einiges über die Schnelligkeit und Flinkheit dieses faszinierenden Windhundes verrät. Doch die unbändige Energie und die Freude an Bewegung sind nur eine Seite des Hundes mit dem schmalen Kopf, der sich innerhalb seiner Familie als überaus sanfter, ruhiger und anhänglicher Vierbeiner erweist. Allerdings sollte weder das eine noch das andere zu kurz kommen, ansonsten steht es eher ungünstig um das harmonische Miteinander. Wobei es ja gerade die Ambivalenz dieser einzigartigen Rasse ist, die Liebhaber des Barsois so sehr schätzen. Der große Windhund braucht einen engen Familienanschluss für sein Wohlbefinden. Wie alle anderen Hunderassen auch, muss man ihn daran gewöhnen, auch mal stundenweise alleine zu bleiben. Deshalb ist es wichtig, bereits den Barsoi-Nachwuchs einfühlsam daran zu gewöhnen.
Kooperative Eigenwilligkeit
Der Barsoi vereint zahlreiche, auf den ersten Blick scheinbar offensichtliche Gegensätze: Mal ist er gelassen, mal voller Energie. Er bewahrt sich seine Unabhängigkeit und möchte dennoch nicht ohne seine Menschen sein. Kooperationsbereitschaft wechselt sich mit Eigenwilligkeit ab. Freiheit ist ihm ebenso wichtig wie die freiwillige Rückkehr. Wobei auch der Sichtjäger Barsoi das Kommen auf Rückruf erlernen kann. Wie schnell er darauf reagiert, hängt von seinem individuellen Verständnis für die jeweilige Situation ab. So wichtig wie ein möglichst frühes Rückruf-Training ist die einfühlsame Sozialisation des Welpen und Junghundes. Dies ist die Grundlage für eine zuverlässige Partnerschaft von Mensch und Hund. Was natürlich nicht nur für den Barsoi gilt.
Mimikreich und bewegungsfreudig
Was seine Mimik angeht, so ist der russische Windhund jedoch schon individuell geprägt. Er vermag situationsbezogen die Augenbrauen hochzuziehen, den Fang fragend anzuheben oder erstaunt den Kopf zu drehen. Manchmal könnte man sogar den Eindruck haben, der Barsoi lache. Dann, wenn er mehr oder weniger stark sein hoffentlich strahlend weißes Gebiss zeigt. Dieses Privileg ist ein Zeichen höchster Zuneigung.
Doch wie steht es um die große Bewegungsfreude des Barsois? Und um seine hohe jagdliche Passion als klassischer Sichtjäger? Sicher ist: Mit kurzen Spaziergängen an der Leine lässt sich ein Barsoi nicht rassespezifisch auslasten. Doch es gibt Lösungen. Große, abgesicherte Freilaufflächen, auf denen sich der elegante Windhund mit Hundefreunden austoben kann sind eine Möglichkeit. Ausgedehnte Spaziergänge, gemeinsame Fahrradtouren, Joggen oder Inline Skating mit Hund sind weitere. Auch eine Ausbildung als Reitbegleithund ist denkbar. Wobei der Sprinter mit Tendenz zum Langstreckenbereich mit fünf bis sieben Kilometer langen Strecken zufrieden ist. Ab dann sollte alle 30 Minuten eine Pause eingelegt werden.
Wenn es darum geht, die Bewegungsfreude und die jagdliche Motivation des Hundes gleichermaßen zu berücksichtigen, bieten die Rennbahn oder Coursing einen idealen Rahmen für lauffreudige und jagdlich engagierte Hunde wie den Barsoi. Wer einmal das Funkeln in den Augen eines Barsois sah, das nach Erreichen des Ziels in seinen Augen flackert, begreift, welche Freude das Ganze seinem Hund macht.
Das Einfühlungsvermögen zählt
Eine rassespezifische Beschäftigung des Barsois ist eine gute Basis für alles Weitere. Ein zufriedener, ausgeglichener Windhund lässt sich mit Geduld und Einfühlungsvermögen durchaus zu einem angenehmen Begleithund ausbilden. Wobei die Akzeptanz der doch recht eigenen Persönlichkeit des Barsois ebenfalls eine Grundlage für ein glückliches Miteinander ist. Wer sich auf das einmalige Wesen dieses außergewöhnlichen Hundes einlässt und ihn genau dafür schätzt, findet im Barsoi einen treuen Partner, der zudem recht pflegeleicht ist. Wenn man ihn einmal wöchentlich gründlich bürstet und kämmt, bleibt der gepflegte Eindruck erhalten. Auf zu häufiges Baden sollte man verzichten, weil das den natürlichen Schutzmantel des Haarkleids schwächt. Wichtig ist das regelmäßige Kürzen der Krallen und auch das Zähneputzen macht Sinn. Augen und Ohren bedürfen – wie bei allen anderen Hunden auch – regelmäßiger Kontrolle.
Einzigartiges Exterieur
Es sind diese Ausgeglichenheit der Proportionen, diese Eleganz und die Harmonie der Konturen und Bewegungsabläufe, die dem Barsoi eine unverwechselbare Ausstrahlung verleihen. Mit einer Schulterhöhe von bis zu 85 Zentimetern (Hündinnen: 68-78 cm; Rüden: 75-85 cm) ist der russische Windhund natürlich auch schon aufgrund seiner Größe ein Hingucker, wozu auch das attraktive Haarkleid und die schönen Farben dieser Rasse beitragen, die von verschiedenen Schattierungen von reinem Weiß, mit roten, grauen, schwarzen oder gestromten Platten bis hin zu einfarbig gemantelten Varianten reichen. Ein weiteres markantes Markenzeichen des Barsois ist sein sehr schmaler, langer Kopf mit den feinen, nach hinten gefalteten Ohren. Der lange Hals führt in einen – im Verhältnis zur Größe des Hundes – schmal wirkenden Körper über, dessen Rücken leicht bogenförmig verläuft. Die eher langen, gewölbten, bemuskelten und breiten Lenden bilden zusammen mit dem Rücken einen glatten Bogen, der bei Rüden stärker ausgeprägt ist als bei Hündinnen. Der höchste Punkt dieses Bogens liegt in der Mitte, dass heißt, in der Region des 1. oder 2. Lendenwirbels. Die tiefe Brust gewährt der Atmung den Raum, den der Barsoi beim Jagen und Rennen braucht. Rassetypisch sind auch der aufgezogene Bauch und die langen, gut gewinkelten Läufe, die mit einer guten Muskulatur ausgestattet sind.
Insgesamt ist der Barsoi fraglos eine Erscheinung, die überall auffällt. Doch alleine deshalb sollte keinesfalls die Entscheidung für einen Hund dieser Rasse fallen. Seine Haltung ist anspruchsvoll, erfordert Verständnis, Geduld, Zeit und den festen Willen, sein Leben einem ganz besonderen Wesen zu widmen, dessen Großartigkeit erst dann erblüht, wenn ihm auch entsprechend viel Liebe und Respekt entgegengebracht werden.
Wie wir wurden, was wir sind
Im 15. Jahrhundert genoss der Barsoi in Russland bereits ein solch hohes Ansehen, dass der Diebstahl eines Hundes dieser Rasse per Gesetz unter Strafe gestellt wurde. Zaren und Großfürsten prägten in vergangenen Zeiten die Zucht dieses schnellen und überaus flinken Jagdhundes. Wölfe, Füchse und Hasen wurden traditionell mit Barsois gejagt. Die Zwinger des Zaren in Gatschina bei St. Petersburg und des Großfürsten Nikolai Nikolaijewitsch in Perchino umfassten rund 500 Hunde dieser Rasse und genossen einen geradezu legendären Ruf. Trotz der für die damalige Zeit luxuriösen Ausstattung der Zwingeranlagen, setzte solch ein Leben Gesundheit und mentale Fitness voraus. Obwohl sich der große, langhaarige Barsoi optisch deutlich von allen anderen Windhundrassen unterscheidet, avancierte er um 1900 zum Sinnbild dieses Hundetyps. Die Russische Revolution und der daraus resultierende politische Umbruch erschwerten die Zucht dieser faszinierenden Hunderasse im Heimatland. Die Windhunde mit den schmalen Köpfen und dem aristokratischen Erscheinungsbild galten als Sinnbild des Zaren-Regimes und wurden in Russland verfolgt. Nur wenige Barsois überlebten diese Zeit. Einige wurden ins Ausland gebracht – insbesondere nach Deutschland, wo hochwertige Zuchten entstanden, was zum Erhalt der Rasse bis heute beiträgt. In Russland änderte sich die Einstellung zu dieser traditionsreichen Rasse erst in den 1930er Jahren erneut. Die Kynologen Nina Alexandrovna Summarokova und Nikolai Nikolajewitsch Tschelistschew setzten sich – neben weiteren – für die Rettung des Barsois ein, was schließlich zu einem Beschluss durch die Regierung der damaligen UDSSR führte, Zuchtstätten für den Russischen Barsoi zu etablieren. 1936 wurde eine Zuchtstätte für Barsois in der Nähe von Saratow gegründet, deren Genpool wiederum mit Hunden aus den ältesten Zuchten Deutschlands bereichert wurde. Diese basierten wiederum auf Hunden, die um 1900 nach Deutschland gelangt waren. Heute steht die Barsoizucht wieder auf stabilen Beinen. Die Zahlen der in der Welpenstatistik des VDH registrierten Barsoiwelpen lag in den letzten Jahren um die 80 Welpen jährlich.
Weitere Informationen
Deutscher Windhundzucht- und Rennverband e.V. (DWZRV)
www.dwzrv@dwzrv.com
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