Liebe Hundefreundinnen, liebe Hundefreunde,
heute möchte ich aus meiner persönlichen Sicht einige Worte zur gegenwärtigen Lage im VDH an Sie richten. Logischerweise steht dabei an allererster Stelle die Gesundheit aller Menschen, seien sie Hundehalter oder auch nicht. Unzweifelhaft ist es an jedem Einzelnen von uns, eine weitere Verbreitung der Covid-19-Erkrankung (ausgelöst durch das Coronavirus) möglichst zu vermeiden. In vielerlei Hinsicht müssen wir, obwohl uns das oft hart trifft, dabei Abstriche in punkto Sozialleben, Berufstätigkeit, Finanzen, Mobilität und Freizeitgestaltung hinnehmen. Zum Glück können wir unsere Hunde weiterhin angemessen versorgen; und als Familienmitglieder und Weggefährten sind für die allermeisten von uns die wedelnden Vierbeiner von größerer Bedeutung denn je. Aber leider ist auch bei der hobbymäßigen Beschäftigung mit dem Hund nichts mehr wie es war. Züchter mit gedeckten Hündinnen und bereits geborenen Würfen sind ebenso verunsichert wie diejenigen, die über die Zukunft ihrer züchterischen Ambitionen nachdenken. Anderen fällt der Verzicht auf Sport und Ausstellung schwer. In vielerlei Hinsicht besteht ja gegenwärtig durch berechtigte staatliche Maßnahmen kaum Entscheidungsfreiheit. Unabhängig von den staatlichen Restriktionen möchte ich ein paar Sachverhalte kommentieren.
Es geht mir insbesondere auch um jene Zeitspannen, in denen gesetzliche Vorgaben gelockert, normale Verhältnisse aber bei weitem noch nicht erreicht sind. Für diese Periode empfiehlt der VDH, Zwingerbesichtigungen bei bereits aktiven Zuchtstätten vorübergehend nicht vorzunehmen. Neue Zuchtstätten, bei denen noch keine Zwingererstbesichtigung vorgenommen worden ist, sollten so lange ihre Zuchtaktivitäten nicht aufnehmen, bis eine Zuchtstättenerstbesichtigung besser vertretbar und durchführbar ist. Nach Maßgabe der Möglichkeiten sollte vor der Welpenabgabe eine Art von Wurfabnahme stattfinden, wobei den Vereinen in der gegenwärtigen Krisenzeit bezüglich der Gestaltung mehr Entscheidungsfreiheit gegeben ist. Einzelne Klubs denken darüber nach, künftig für einige Monate ihre Wurfabnahme im Zusammenhang mit der tierärztlichen Impfung abzuwickeln. Auf weitere, vor der Wurfabnahme stattfindende Wurfbesichtigungen sollte verzichtet werden. Auch zeitliche Verschiebungen sind zulässig, und auf eine geeignete Durchführungsform ist zu achten. Wir rechnen damit, dass bis Ende Mai keine Ausstellungen, Leistungsprüfungen, Versammlungen et cetera ins Auge gefasst werden können, weil sie durch die zuständigen Behörden untersagt oder mit kaum erfüllbaren Auflagen versehen werden. Weiteres wird sich dann zeigen. Besonders schmerzlich ist für viele von uns, dass wir mit unseren Tieren keine Zuchtzulassung erwerben können, weil die entsprechenden Prüfungen verschoben werden müssen. Ohne korrekte Zuchtzulassung eines jeden individuellen Hundes darf aber weiterhin nicht gezüchtet werden; es wird uns also ein ordentliches Maß an Geduld abverlangt. Die kontrollierte Zucht im VDH ist ein Qualitätsmerkmal, dem wir uns alle verschrieben haben und dass auch in dieser Zeit Bestand haben muss. Erleichterungen bei der Zuchtzulassung sind möglich, so können bei Vereinen, die Ausstellungsergebnisse als Bedingung für die Zuchtzulassungsprüfung vorgesehen sind, auf dieselben verzichtet werden, wenn ein Zuchtrichter auf besagter Zuchtzulassungsprüfung den Hund gründlich inspiziert und der Klub einen entsprechenden Beschluss fasst. Zuchtzulassungsveranstaltungen für einzelne Hunde sind zulässig, sofern diese ohne eine Gefährdung aller Beteiligten abwickelbar sind. Eine Überprüfung des Verhaltens in einer Personengruppe muss entfallen. Vereine haben das Recht, Bescheinigungen zu Seminarbesuchen im Zusammenhang mit Tätigkeiten oder Ämtern nachreichen zu lassen. Ich selbst rechne damit, dass etliche uns wichtige Aktivitäten für eine gewisse Zeit nicht durchgeführt werden können. Besonders ungünstig daran ist, dass einige höchst fragwürdige Hundevermehrer außerhalb des VDH diese Situation ausnutzen und verstärkt Welpen anbieten werden.
Wenn Sie sich jetzt fragen sollten, ob es in einer Lage, in der viele Menschenleben bedroht sind, überhaupt richtig ist, Planungen in punkto Hundewesen durchzuführen, so sei daran erinnert, dass wir sehr viele Nachfragen zu den aufgeführten Themen haben. Und unsere Mitglieder haben natürlich ein Recht auf Antworten. Es ist nicht leicht, hier den richtigen Weg und das richtige Maß zu finden. Der VDH-Vorstand und die Geschäftsführung bemühen sich darum, das Hundewesen ohne Übertreibung, aber auch ohne Unterlassung durch die gegenwärtigen Notzeiten zu führen.
Bitte erlauben Sie mir noch eine letzte Anmerkung. Wir alle sind momentan so richtig frustriert, weil unsere Lebensführung schwer beeinträchtigt ist und wir wichtige Ziele nicht erreichen können. Sogar ernsthafte wirtschaftliche Not droht nicht wenigen Mitgliedern unserer Vereine und auch dem einen oder anderen Klub selbst. Umso wichtiger ist es, nun nicht unbesonnen aggressiv zu reagieren, sondern auch unter Anspannung bei einem Mindestmaß an Solidarität zu bleiben. Meinungsverschiedenheiten sind in den nächsten Monaten unvermeidbar; lassen Sie uns dabei so konstruktiv wie möglich miteinander umgehen. Mehr als einmal werden wir Dinge, die bereits abgehandelt zu sein schienen, neu überdenken müssen.
Prof. Dr. Peter Friedrich
Präsident des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH)